Am 5.10.020 ging es zunächst zum Aruscha Nationalpark in Tansania mit zwei Gipfelzielen – dem Little Mount Meru 3820m und dem Mount Meru 4566m. Für den letzteren starteten wir um 01:30 Uhr und waren um 06:30 am Gipfel. Wir erlebten einen unglaublich schönen Sonnenaufgang mit der traumhaften Hintergrundkulisse des Kilimandscharos. Dieser Anblick ließ die Freude auf unser nächstes Gipfelziel noch einmal wachsen. Die dreimaligen Übernachtungen im Park in fast leeren Hütten waren sehr angenehm. Nur ein junges Schweizer Paar trafen wir. Sonst ist es dort im September/Oktober immer rappelvoll. Trotz unserer kleinen Dreiergruppe hatten wir, wie es bei diesen Touren üblich ist, eine zehnköpfige Begleitmannschaft dabei. Sie bemühten sich intensiv um ein gutes und entspanntes Gelingen unserer Tour. So wurde zum Beispiel auch für die Hüttenübernachtung für jeden Gast das Essen und Geschirr rauf und runter getragen. Dies bringt halt Arbeit für die ansässige Bevölkerung. Ihre Freude über unser anschließendes Trinkgeld, welches Alpine Welten noch großzügig aufgestockt hatte, war rührend. Allein die Durchführung unserer Kili-Reise bedeutet für die eingesetzten Männer, dass diese für zwei Monate ihre Familien ernähren können. Das war der Hauptgrund für meine Entscheidung, die Reise trotz Reisewarnung durchzuführen. Nebeneffekt für uns – der Berg war leer. Der Zustieg zur ersten Hütte war durch das halbjährige Ausbleiben der Bergsteiger fast wieder zugewachsen. Wir waren eine der ersten Gruppen nach dem Lockdown.
Die nächsten 6 Tage führten uns zum Kilimandscharo. Da wir während dieser Zeit im Zelt schliefen, wurde die Begleitmannschaft auf 16 Mann aufgestockt.
Am 9.10.2020 starteten wir in Machame auf 1870m durch den tropischen Regenwald zum Machame Camp (3000m). Jeder von uns bekam ein praktisches Einzelzelt, welches die Begleitmannschaft jedesmal vor unserem Eintreffen aufgebaut hatte. Unsere Reisetasche lag dann im Zelt auch schon griffbereit. Meine Expert R7 Isomatte und der Schlafsack von Alpine Welten bescherten mir immer warme und bequeme Nächte. Morgens wurden wir liebevoll von unserem „Servicemann“ mit heißem Kaffee geweckt und anschließend konnten wir uns mit einer Schüssel warmen Wasser waschen.
Am zweiten Tag marschierten wir zum Shira Camp 3840m in eine Art Moorlandschaft mit Erikazeen Stangen, Moosen, Flechten, Lava Felsen und mit einem Ausblick auf den Kilimandscharo. Wie immer war das Küchenzelt schon aufgebaut und unser exzellenter Koch hatte schon eine warme Suppe parat. Nach der Stärkung spazierten wir noch 100 Hm zu den dortigen Höhlen und genossen die Aussicht. Alle Camps waren fast leer. Statt 300 Bergsteigern waren dort maximal 10 Gipfelaspiranten. Ich nutzte unser mitgeführtes Chemieklo kaum und ging fast immer auf die sauberen (da keine Leute) Stehklos in den Camps.
Der dritte Tag war ein Akklimatisationstag recht nahe am Kiligipfel. Wieder empfing uns der Koch am Lava Tower auf 4500m mit freundlicher Miene, Nudeln und Gemüse zum Stärken. Er war erstaunt, dass wir Schwaben auch in solcher Höhe einen unglaublichen Appetit haben. Am vorletzten Tag musste noch ein Sonderträger mit zusätzlicher Verpflegung für uns zum Camp hochsteigen. Vom Lava Tower zweigt eine Kletterroute direkt zum Gipfel ab, die Scott Fischer (Everest Katastrophe 1996) eingerichtet hat und zwei weitere Varianten, die jedoch schwieriger als VI UIAA sind. Wir stiegen nach der Pause zum Barranvo Camp auf 3965m zum Übernachten ab.
Am vierten Tag folgte der Aufstieg zum letzten Camp über eine nette Kletterei (1+ UIAA) ca. 150 Hm durch die Barrancomauer bis auf einen Felskamm auf 4300m. Dort war erstmals Rauch in der Luft, welcher von dem Waldbrand auf Marangu Route (Coca Cola Route) herüber zog. Weiter ging es in östliche Richtung zum Barafu Camp. Dort erfuhren wir von den Rangern, dass verheerende Waldbrände am Kilimandscharo ausgebrochen sind und dass die Marangu Route schon gesperrt ist.
Der fünfte Tag – unser Gipfeltag – brach an. Schon um 23:30 Uhr krochen wir aus den warmen Schlafsäcken, stärkten uns im Küchenzelt mit dem nahrhaften Porridge und füllten die Thermoskannen mit heißem Tee. Eine Stunde später starteten wir zum Stella Point 5730m am Kraterrand immer mit „pole, pole“ (langsam, langsam), den wir noch in Dunkelheit erreichten. Die dann folgenden 45 Minuten zum Uhuru Peak bei einem herrlichen Sonnenaufgang werden für mich immer unvergesslich bleiben. Der höchste Punkt Afrikas war nun erreicht – der Gipfel des Kilimandscharos- eine Aussicht unbeschreiblich, ein ganzer Kontinent liegt uns zu Füßen. Als letzter verließ ich nach einer Stunde den Gipfel – wollte gar nicht gehen….. Ein Gipfelfoto war besonders meinem Vater gewidmet, der am 9.7. 2020 tragisch mit 87 Jahren bei einem Verkehrsunfall mit dem Rad ums Leben gekommen war. Er hatte mir noch zu meinem sechzigsten Geburtstag im März für die Kilitour alles Gute gewünscht und etwas zur Reise hinzu geschenkt. Im stillen Gedenken an Ihn sammelte ich noch ein Gipfelsteinchen für das Grab in Berkheim und verpackte es im Rucksack.
Der Abstieg zum Stella Point war nochmals ein Hochgenuss – letzte Teepause mit Blick in den Krater und dann ging es mit Vollgas runter zum Barfu Camp, welches wir um 08:30 Uhr erreichten. Dort gab es das zweite Frühstück an diesem Tag mit einer Stunde Pause noch auf 4600m bevor wir weiter zum Mweka Camp (3100) abstiegen. Pünktlich zur Teatime 15.00 Uhr trafen wir ein.
Der letzte Tag verlief gemütlich in Richtung Moschi zum Mweka Gate auf 1800m. Dort verabschiedete man uns mit einer afrikanischen stimmungsvollen Zeremonie mit Übergabe der Gipfelurkunde Nr. 447.520. Wie schon nach der Tour zum Mount Meru durfte ich das Trinkgeld an unsere Mannschaft verteilen, welches auch dieses Mal von Alpine Welten aufgestockt wurde, da die Mannschaft um Seba Tenga seit Februar 2020 – also seit 8 Monaten – kein Einkommen hatte. Dankbarkeit und meinen Respekt für diese Geste der Bergschule Alpine Welten, die ja ebenfalls durch die Coronakrise starke Verluste hat. Es wäre wünschenswert, wenn weitere Unternehmen diesem Beispiel folgen würden und nicht immer auf Gewinnmaximierung aus sind.
Fazit:
Es war ein tiefbeeindruckendes Erlebnis rundum und auf einem Berg der Seven Summits, der vermutlich nicht mehr so leer vorzufinden ist, wenn die Reisewarnung für Tansania ausgehoben wird. Wir hatten außerdem noch sehr viel Glück, weil einen Tag später keine Gipfelbesteigung wegen der Ausbreitung des Brandes mehr möglich war und bis zum 18.10. alle Camps geschlossen blieben. Die Hütten der Marangu Route sind alle zerstört und müssen neu aufgebaut werden.
Mit nehme ich auch Achtung und Mitgefühl für die Menschen dort, die ohne staatliche Rettungsschirme auf ihre Art ums Überleben kämpfen.
Ende Dezember 2020 führt Alpine Welten nochmals die Reise (Mount Meru, Kilimandscharo).
Ich drücke fest die Daumen, dass es klappt.
Guten Morgen Hans,
gerade habe ich in der SZ den Bericht über deine Gipfeltour auf den Kilimandscharo gelesen. Großen Respekt und herzlichen Glückwunsch zu dieser großartigen Leistung. Wenn man mit 60 Jahren noch auf solche Höhen steigen kann, muss ich natürlich nicht nachfragen, wie es dir gesundheitlich geht. Mach einfach weiter so! Ich muss da mit meinen nunmehr 82 Jahren auf dem Buckel längst kleinere Brötchen backen, kann aber trotz Bypass-Operation und Herzschrittmacher mit meiner Gesundheit zufrieden sein. Auf die Allgäuer Bergwelt muss ich zwar verzichten, aber kleinere Wanderungen und Radtouren gehen immer noch.
Herzliche Grüße und weiterhin alles Gute wünscht dir
Hermann Hummel